2023

Das Salz in der Suppe

Sprechstunde Deutsch

Das Salz in der Suppe

Sprechstunde Deutsch

Jede Sprache hat eigene Sprachbilder, die im Zusammenhang entschlüsselt werden müssen. 

Unser Projekt wendet sich an Menschen wie Geflüchtete oder Bildungsbenachteiligte, die sich solchen sprachlichen Problemen gegenübersehen. Es ist oft mühselig und es dauert in vielen Fällen lange, die deutsche Sprache richtig zu verstehen.

Was bedeutet denn eigentlich "Das Salz in der Suppe", "Mauer des Schweigens", "Jemandem das Wasser reichen" oder "Die Nadel im Heuhaufen suchen"? Wo liegt der Ursprung dieser Sprachbilder? 

Wir freuen uns auf eine spannende Veranstaltungsreihe und laden dazu herzlich ein.


“Die Wände haben Ohren”

24.03.2023

Das BÜZ lud zum Workshop “SPRECH-STUNDE DEUTSCH” über Redensarten und ihre Herkunft ein, einem Begegnungsafé für das Kennenlernen von Sprachbildern, Diskussionen darüber und Schreibphasen für die eigene Kreativität.

An diesem Nachmittag waren die Teilnehmer*innen eingeladen, das Memoryspiel “Die Wände haben Ohren” zu spielen und einen eigenen Text mit Sprachbildern zu schreiben.

Nach der Begrüßung der Teilnehmer*innen durch Peter Küstermann, präsentierte der Moderator und Leiter des Workshops, der Philosoph und Theologe Volker Papke-Oldenburg, ein dreiminütiges Youtube Video.

Ein Spielwarenhändler erläuterte das Memoryspiel “Die Wände haben Ohren”. Es enthält 72 Karten. 36 Karten enthalten Sprachbilder im Wortlaut und 36 Karten die identischen Sprachbilder als Bild. Ziel des Spiels sei es, das identische Sprachbild im Wortlaut und Bild zusammenzubringen.

Sodann formierten sich drei Gruppen, jeweils aus arabischstämmigen und deutschen Teilnehmer*innen. Das Spiel begann mit der Regel: Jeder solle zwei Karten aufdecken und erzählen, welches Sprachbild im Bild zu erkennen sei und welche Bedeutung das Sprachbild im Wort hätte.

Schnell wurde gegrübelt, erzählt, diskutiert und gemeinsam gelacht oder gemeinsam gegrübelt, beispielsweise über ein Bild, das einen Kutter in dunkler See mit toten Fischen zeigte und eine Person auf dem Kutter, die angelte. Bis jemand das erlösende “im Trüben fischen” aussprach.

So lernten die Teilnehmer*innen rund zwei Dutzend Sprachbilder der deutschen Sprache kennen, wie: “Etwas aus dem Ärmel schütteln”; “Sich mit fremden Federn schmücken”; “Aufpassen wie ein Schießhund”; “Unter dem Pantoffel stehen”; “Jemandem einen Bären aufbinden”.

Den arabischstämmigen Teilnehmer*innen wurde ihre Bedeutung erläutert  und diese erzählten den deutschen Teilnehmer*innen vom Sprachbild der arabischen Sprache mit der gleichen Bedeutung. So lernten alle gemeinsam.

Nach einer kurzen Pause begann die Schreibphase. Die Teilnehmer*innen gingen spielerisch und kreativ mit den Sprachbildern um und schufen Texte aus Sprachbildern, z.B. mit  “Der Wolf im Schafspelz” oder “Eulen nach Athen tragen” oder schrieben eine Geschichte mit der Fragestellung, welches Sprachbild dahinter steckte.

In der Abschlussrunde zeigten sich die alle Teilnehmer*innen inspiriert von der Vielfalt der Bildhaftigkeit der Redewendungen an einem lehrreichen Nachmittag mit ganz viel Spaß.

Carsten Stallbörger

Die Wände haben Ohren ...

von Gitte Michusch

Er wollte immer ein toller Hecht sein. Goldkette, Sonnenbrille - das waren die Zutaten um cool auszusehen! Im Grunde war es mehr Schein als Sein. Zunächst war er sehr angesehen. Doch als sein Chef ihn immer mehr zur Schnecke machte, trug er den Kopf unter dem Arm. Nur noch zu Hause trumpfte er auf. Dann begann er heimlich zu trinken. Seine Frau konnte er einen Bären aufbinden, zumal sie anfangs Tomaten auf den Augen hatte. Sie liebte ihn halt noch immer. Er saugte sich neue Entschuldigungen aus den Fingern, wenn die alten nichts mehr taugten. Doch irgendwann hatte er das ganze Geld versoffen und sie waren arm wie die Kirchenmäuse. Nach einer mal wieder durchzechten Nacht, kam er früh morgens wie gerädert nach Hause. Doch etwas war anders. Das merkte er gleich, trotzdem er so einen Kater hatte. Eine unheimliche Stille herrschte in der Wohnung - - - - sie war leer!

Die Wände haben Ohren …

psst! Leise! Einst, vor langer Zeit gab es Wände die Ohren hatten. Rede ruhig laut, dann hört der Lauscher an der Wand seine eigene Schand!

Es gab eine Zeit, da gab es Wanzen. Sie steckten lichtscheu in Ritzen und unter Schränken. Die Briefe aus dem Osten nach dem Westen, waren nachlässig zugeklebt. Viel Mühe zu vertuschen, hat sich die Stasi nicht gemacht. Dazu war man zu selbstsicher und rücksichtslos.

Es gibt eine Zeit, die heißt: 0101 11 0100 und wwweh! Twitter, TicToc, WatsApp. Verbindungen werden geknüpft, die nicht verbunden werden dürften. Und das ergibt: Dich, Du, ich, wir.

Was liest Du? Was kaufst Du? Wer bist Du? FBI - CIA - BND - sie wissen wen Du wählst und was Du wählst.

Die Gedanken sind frei! Wer kann Sie erraten?

Es kommt eine Zeit, die heißt KI! Auf Linie, auf Linie! Wen glaubt man, wenn sie Dich wegsperren wollen, weil Du mutmaßlich ein Verbrechen begehen könntest, Mensch oder Maschine? Wo versteckst Du Dich, wenn Sie Dich holen kommen? Unter Schränken, in Ritzen, hinter Wänden?


„Die Zunge ist die Übersetzerin des Herzens“

moderiert von Volker Papke-Oldenburg und Peter Küstermann

Schreibworkshop mit den Kulturscouts Minden im BÜZ am 17.02.2023

Aus der Tatsache, dass bei den Schreibworkshops im BÜZ regelmäßig auch arabischsprachige  Geflüchtete teilnehmen, entstand die Idee, für die von dem ehemaligen Philosophie- und Religionslehrer Volker Papke-Oldenburg geleitete Reihe „Sprechstunde Deutsch“ auch einmal Sprichwörter und Metaphern der arabischen Sprache zu untersuchen. Die Mindener Kulturscouts hatten hierzu ein paar besonders knifflige Wendungen vorzustellen und zu kommentieren – das schlichte Übersetzen reicht nämlich, wie sich schnell zeigte, in den seltensten Fällen aus, dem deutschsprachigen Teilnehmerkreis die eigentliche Bedeutung der jeweiligen Sentenz zu vermitteln. Doch auch den Deutschsprachigen wird ja nicht immer auf Anhieb klar, was mit einem vielleicht nicht mehr sehr gebräuchlichen Sprichwort der eigenen Muttersprache denn nun so ganz genau gemeint ist.

Als kleinen Einstieg in die allgemeine Thematik zeigte Volker Papke-Oldenburg einen sehr erheiternden Videoclip, in welchem die spezifische Sprache der „Textgattung Fußballkommentar“ auf die Schippe genommen wurde, in dem gängige Formulierungen wörtlich filmisch umgesetzt wurden. „Sich das runde Leder schnappen“ wurde nicht etwa durch einen Ball, sondern durch ein kreisförmig geschnittenes Fensterleder, welches einer der Spieler aufnahm, illustriert, „Der Torwart dirigiert die Mauer, bis sie richtig steht“ durch einen Keeper mit Taktstock, der drei ein ordentlich schweres Stück Steinmauer tragende Abwehrspieler zu Walzerklängen in die angemessene Position lotste: Slapstick, welcher durch die rasche Abfolge der einzelnen sprachlichen Missverständlichkeiten beim Publikum sehr gut ankam.

Bevor nun die etwa fünfzehn anwesenden Workshopabsolventen jedoch an die speziellen Finessen der arabischen Metaphorik herangeführt wurden, gab es zunächst noch einen Rückblick auf den vergangenen, ersten Termin der neuen Reihe, in dem etliche Texte unter Verwendung gängiger deutschsprachiger Sprichwörter entstanden waren, die teilweise vorgelesen wurden. Co-Moderator und BÜZ-Mitarbeiter Peter Küstermann machte jeweils auf die verwendeten literarischen Mittel und Strukturen aufmerksam.                

So reihte etwa eine der Teilnehmerinnen etliche Nebensätze mit sprachlichen Wendungen zum Thema „Herz“ durch die immer wiederkehrende Anfangsformel „Ich wünsche Dir von Herzen“ aneinander und durchbrach damit auf elegante Weise die Ich-Perspektive der meisten anderen Texte. Schon hier fiel auf, dass einige Sprachbilder weiter weg von der Realität sind als andere. Bei jemandem, den man „an sein Herz drückt“, stimmt ja zumindest die Körperregion einigermaßen, auch wenn noch Haut und Brustkorb dazwischen sind, und in manchen Situationen kann man auch „das Herz bis zum Hals schlagen“ fühlen, wohingegen „jemandem sein Herz zu schenken“ im wahren Leben unweigerlich zum Tode des oder der Schenkenden führen muss.

An diese Überlegungen schloss sich das eigentliche Thema des Workshops spiegelverkehrt nahtlos an. „Die Zunge ist die Übersetzerin des Herzens“ – dieses arabische Sprichwort macht weder beim wörtlichen Übersetzen noch bei der Bedeutungsfindung größere Schwierigkeiten. Bei vielen anderen Wendungen wird es allerdings problematischer, wie die anschließende Beispielsuche der Teilnehmenden belegte. Manchmal führen Übersetzungen auf eine falsche Fährte: „Ich setze meinen Fuß auf dein Grab“ hielten nicht wenige deutschsprachige Anwesende für eine äußerst unhöfliche, übergriffige Angelegenheit. Im Arabischen bedeutet diese Formulierung jedoch im Gegenteil, dass man jemanden besonders liebt, sozusagen über das Leben hinaus, mit einer durchaus romantischen Konnotation.

Doch auch da, wo sich Sprichwörter im Deutschen und im Arabischen ähnlich zu sein scheinen, gibt es oft wichtige Akzentverschiebungen. „Ein Vogel in der Hand ist besser als zehn Vögel auf dem Baum“ gewichtet die Anzahl und damit den implizierten Wert auf ganz andere Weise als das deutsche „Ein Spatz in der Hand ist besser als eine Taube auf dem Dach“. Der deutschen Wendung „die Radieschen von unten betrachten“ entspricht ein inzwischen etwas veraltetes arabisches Sprichwort ähnlichen Zuschnittes, welches statt der Radieschen allerdings den Pilz benennt – ein Teilnehmer bemerkte, dass ihm dies aufgrund der rhizomatischen Beschaffenheit der Pilzwurzel und ihrer weit größeren Ausdehnung sogar plausibler erscheine. Im Übrigen wird das Deutsche flapsig-ironisch, das Arabische (wenn überhaupt noch) ganz und gar mit dem dem Thema Tod angemessenen Ernst eingesetzt.

Die im Einladungstext für diesen Workshoptermin genannte Übersetzung „In dieser Sache habe ich kein Kamel übrig“ sorgte für die größten Schwierigkeiten. Die befragten arabischen Jugendlichen waren nicht damit zufrieden, da im arabischen Original sowohl ein weibliches als auch ein männliches Kamel vorkommen. Schließlich rief eine der Scouts sogar ihren Vater an, der sich gut mit der Materie auskenne, wie sie versicherte -- und dann kristallisierte sich mit dessen Hilfe am Ende doch eine Lösung heraus: „Ich bekomme weder eine Kamelkuh noch einen Kamelbullen dafür“, was in etwa bedeutet, dass der Sprecher in einer Sache kein gutes Geschäft, keinen guten Ratschlag etc. erkennen kann. Das Kamel steht traditionell für eine sehr teure Angelegenheit, die explizite Nennung beider Geschlechter verstärkt im Arabischen diese Bedeutung offenbar noch.

Was bei diesem Workshop am besten ankam, war insbesondere bei den deutschen Teilnehmenden die Erkenntnis, dass das Fremdsprachliche auf eigentümliche Weise die eigene Sprache reflektiert und zum Nachdenken darüber einlädt. Ein Hunger nach mehr beidseitigen Erklärungen blieb bei einigen gleichwohl – irgendwo macht die Sprachbarriere dann eben in einem solchen Format ohne hauptberufliche Dolmetscher mit entsprechender Erfahrung einfach dicht. Dennoch war es für alle ein erfrischendes Experiment, das sicher Folgen zeitigen wird.

Da die munteren und kontroversen Diskussionen mit einigem Übersetzungsaufwand doch recht viel Zeit in Anspruch nahmen, wurde der Schreibteil schließlich als freiwillige „Hausaufgabe“ für den nächsten Termin definiert, welcher am 24.03.2023 um 14.30 Uhr stattfindet. Es sollen analog zum  Thema in der jeweiligen Muttersprache Texte unter Verwendung arabischer Sprichwörter geschrieben werden. Dennoch können natürlich wie stets auch alle, die diesmal nicht dabei sein konnten, an den Folgeterminen teilnehmen. Texte zu den Workshops sollen gern jeweils an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! gesandt werden.

Marcus Neuert

Arabische Sprichwörter: die Erlaubnis geben, deinen Fuß auf mein Grab zu setzen

Trauspruch für Brautleute:

Geliebte/r.

Nimm diesen Kelch mit Wein im Vertrauen darauf,

dass du von seinem wertvollen Inhalt kosten wirst und ihn nicht leerst, um einzig deinen Durst zu löschen.

Nimm diesen Ring für meinen Finger in der Hoffnung,

dass du ihn nicht zum Glied einer Kette machen wirst, die du brauchst, um mich für immer an dich zu binden.

Nimm meine Hand in der liebevollen Annahme,

dass du sie in unserem gemeinsamen Leben gleichwohl führen als auch dich ihrer Führung anvertrauen mögest.

Geliebte/r, in großer Liebe und tiefem Vertrauen öffne ich meine Seele für deine Seele und gebe dir die Erlaubnis,  eines fernen Tages deinen Fuß auf mein Grab zu setzen in dem festen Glauben daran,  dass deine Seele durch den Tod nicht von der meinen geschieden werden wird, sondern dass du mit mir über das Grab hinaus verbunden bleiben wirst.

MB, Feb. 2023


Der Auftakt

13.01.2023

Heute traf sich eine gut gemischt Gruppe von jungen und älteren Menschen, deutsche und Menschen aus verschiedensten anderen Kulturkreisen im BÜZ um gemeinsam an Sprachmetaphern zu arbeiten. Ziel der Reihe ist es, am Ende eine kleine Broschüre zu erstellen mit Texten und Sprachmetaphern aus verschiedensten Ländern.

Das Salz in der Suppe, die Suppe auslöffeln, um diese Metaphern hautnah zu erleben, brachten alle Teilnehmer Gemüse mit, schnibbelten eifrig für eine Suppe und lernten dabei acht verschiedene Salze kennen, um die Suppe aufzufrischen . Die Salze kamen aus Dänemark (Rauchsalz), Namibia (Schneeflockensalz)Pakistan (kubisches Salz)Kalahari (Wüstensalz)... Natürlich gab es auch das deutsche Steinsalz und Salz mit Kurkuma gemischt. Die Bedeutung des Salzes und seine Verwendung früher und heute, in Deutschland und in anderen Ländern wurde gemeinsam reflektiert. Die verschiedenen Formen einer Metapher wurden mündlich und mit einem kurzen Video erläutert. Metapher bedeutet bildliche Übertragung und kommt aus dem Griechischen. Es werden innere und äußere Merkmale übertragen, wie beim Beispiel Tischbein, wo der Tisch eben Stützen wie Beine hat. Metaphern können aus einem Wort bestehen, (Eselsohr), mehrere Wörter (Salz in der Suppe), es können Substantive sein oder Substantive gekoppelt mit Adjektiven (gebrochenes Herz) oder mit Verben verbunden werden (die Suppe auslöffeln).

Zum praktischen Ausprobieren unserer Kenntnisse erhielten wir dann ein Arbeitsblatt mit Redewendungen zum Thema Herz.

Zum Abschluss versammelten sich alle an den Suppentöpfen und lobten die gute Suppe und das leckere Brot, das ein Teilnehmer frisch gebacken mitgebracht hatte, ein rundum gelungener Nachmittag fand so einen schönen Ausklang.

Beim nächsten Treffen am 17.2.sollen Sprachbilder aus dem arabischen Kulturkreis näher betrachtet werden, was sicher sehr spannend wird.

Gerne kann jeder einen Text zur Veröffentlichung über Metaphern schreiben.

Carsten Stallbörger

Redewendungen - Rede, wenn…

Werden wir das Buch mit Wut aufschlagen? Denn morgen ist heute schon Geschichte.

Im wahrsten Sinne des Wortes,

gaben sich viele Politiker die Türklinke in die Hand

und haben sich um Kopf und Kragen geredet.

Lügen wie gedruckt, kamen aus seinem Munde

und er wollte der Welt ein X für ein U vormachen.

Er hätte besser seine Klappe gehalten!

Durch unsere Vergangenheit ließe sich aus dem Nähkästchen plaudern.

Aus dem Stegreif lassen sich Parallelen finden.

Jetzt sind wir mit unserem Latein am Ende

und ein Land - nein, die ganze Welt sitzt in der Tinte!

Nicht immer ist reden Silber und schweigen Gold.

Doch wer wird das letzte Wort haben, der Westen oder Putin?