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2023

Das Salz in der Suppe

Sprechstunde Deutsch

Das Salz in der Suppe

Sprechstunde Deutsch

Jede Sprache hat eigene Sprachbilder, die im Zusammenhang entschlüsselt werden müssen. 

Unser Projekt wendet sich an Menschen wie Geflüchtete oder Bildungsbenachteiligte, die sich solchen sprachlichen Problemen gegenübersehen. Es ist oft mühselig und es dauert in vielen Fällen lange, die deutsche Sprache richtig zu verstehen.

Was bedeutet denn eigentlich "Das Salz in der Suppe", "Mauer des Schweigens", "Jemandem das Wasser reichen" oder "Die Nadel im Heuhaufen suchen"? Wo liegt der Ursprung dieser Sprachbilder? 

Wir freuen uns auf eine spannende Veranstaltungsreihe und laden dazu herzlich ein.


Sonntags in der Bibliothek - das Finale

10.12.2023

Die Kulturscouts und die sie begleitenden Seniorinnen waren ein Jahr lang auf der Spurensuche nach deutschen und arabischen Sprachbildern, Redewendungen und Metaphern, angeleitet durch Volker Papke-Oldenburg. Wie Bergsteiger auf dem Weg zum Gipfel – medial, informativ und spielerisch. Im Laufe des Jahres entstand eine Textsammlung, garniert mit Fotos der jeweiligen Etappenziele. Texte in deutscher und arabischer Sprache, geschrieben von Jung und Alt. All diese Elemente gelangten in eine Broschüre, die zukünftig als kleiner Einstieg für neu Geflüchtete dienen soll. Ein Grußwort des Landrats, Ali Doğan, durfte dabei nicht fehlen, ebenso vom Vorsitzenden des Kulturvereins BÜZ, Jannes Tilike, vom Leiter der Kulturellen Bildung im BÜZ, Peter Küstermann, und vom Projektleiter Volker Papke-Oldenburg.

In Kooperation mit der Stadtbibliothek Minden wurde diese Broschüre an diesem Sonntag in den Räumlichkeiten der Stadtbibliothek vorgestellt. Barbara Brockamp von der Stadtbibliothek eröffnete die Veranstaltung vor gut gefüllten Reihen. Anschließend erfolgte ein Grußwort von Jannes Tilike. Danach wurden deutsche und arabische Texte aus der Broschüre vorgetragen, sowohl von den Patinnen als auch von den Kulturscouts. 

Die zweite Phase bestand aus dem kreativen Schreiben, so wie zuvor bei allen Veranstaltungen. Einige dieser Ergebnisse wurden letztendlich auch noch vorgetragen, um abschließend zu einem sehr positiven Fazit der gesamten Projektreihe zu gelangen.

Was glaubst Du, wer Du bist

von Gitte Michusch

Was glaubst Du, wer Du bist

Ein bisschen mehr Bildung täte Dir gut.

Hast Du Khalil Gibran gelesen?

Siddhartha gibt es in vielen Sprachen.

Schon mal etwas von Meister Eckehart gehört - mmh?

Ich schenke Dir eine Theaterkarte für Lessings Ringparabel

Vielleicht hilft´s - Nein?

Bitte nicht!!!

Doch Du verbrennst das Buch - so ein Zorn!

Tritts die Gefühle der Menschen mit Füßen!

Liebe geht anders!

Schwingst Dich auf und spielst Inquisition!

Meinst Du, du hättest die Weisheit mit Löffeln gefressen

und es gäbe nur eine Wahrheit?

Hast das heilige Buch gelesen,

kennst so manche Zeilen auswendig,

aber v e r s t a n d e n hast Du n i c h t s .


BLA BLA BLA - Reden und nichts sagen

15.09.2023

Die von Volker Papke-Oldenburg geleitete Reihe "Sprechstunde Deutsch" hatte sich im Rahmen ihrer selbstgesteckten Aufgabe, hinter die Bedeutung von Sprüchen und Redewendungen zu schauen, diesmal besonders Pikantes vorgenommen: vor allem für geflüchtete Jugendliche, die die deutsche Sprache noch am Erlernen sind, stellt eine Sensibilisierung für Politsprech, Fake News und leere Worthülsen einen unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer Lebenswirklichkeit her. Die größere Gruppe der Teilnehmenden setzte sich denn auch aus jungen Menschen aus Syrien, Kurdistan, dem Kosovo und Tschetschenien zusammen; zum anderen waren fast schon traditionsgemäß auch wieder einige erwachsene und sehr interessierte "Alt-Mindener" mit von der Partie. Den etwas flapsigen Titel der Veranstaltung kommentierte Papke-Oldenburg mit der Anmerkung, dass es weniger um die mitunter unfreiwillige Komik von politischen Reden, auch nicht um eine Verächtlichmachung derselben, sondern um Macht geht, um eine Bedrohung auch durch Sprache, um Manipulation und Demagogie.

Dazu wurde zunächst ein kleines Video eingespielt, in dem der Begriff des Framings spielerisch erläutert wurde, die bewusste Einengung von Diskursräumen, um bestimmte unerwünschte Fakten und Meinungen möglichst unsichtbar, Erwünschtes dagegen besonders gut sichtbar zu machen. So können etwa durch zusammengesetzte Begriffe wie "Asyltourismus" oder "Flüchtlingswelle" bestimmte Assoziationen ausgelöst werden, die dann einfacher für politische Stimmungsmache genutzt werden können. Von dem Begriff des Framings hatten viele noch nichts gehört, wie sich herausstellte.

Anhand eines Filmes zu einer NS-Veranstaltung vor Studenten mit begleitender Verbrennung jüdischer und anderer vermeintlich volksgefährdender  Universitätsschriften konnten die Anwesenden gut Sprachduktus, Gestik und Mimik von Joseph Goebbels studieren, die viele vor allem als angsteinflößend empfanden. Es fiel auch der häufige Gebrauch von Scheingegensätzen auf (etwa Buch vs. Charakter oder Furcht vs. Ehrfurcht). Mit all dem soll ein Zugehörigkeitsgefühl und eine Ausgrenzung Anderer erreicht werden ("wir" gegen "die").

Auch die Reaktionen der Zuschauer waren in einem weiteren Einspieler zu betrachten, etwa das elfminütige Dauerklatschen nach einer Rede von Stalin 1938; wer zuerst aufhörte, musste tags darauf mit einem lebens- oder mindestens freiheitsbedrohenden Besuch der sowjetischen Geheimpolizei rechnen. Von solchen vom (Partei-)Volk erwarteten Huldigungen konnten einige der geflüchteten Jugendlichen aus eigener Anschauung oder den Erzählungen ihrer Verwandten berichten. Von Strafen wie Gefängnis, Folter oder gezielter Vergewaltigung bis hin zu Hinrichtungen war die Rede als Vergeltung für teilweise geringfügige Abweichungen von den vorgegebenen Normen.

Zum Vergleich kamen auch noch kurze Videos vom aktuellen bayrischen Landtagswahlkampf zur Ansicht, die selbst bei manchen Politiker:innen der Grünen eine erschreckende Ähnlichkeit zu autokratischer Rhetorik, Gestik und Mimik offenbarten und die sich nicht selten zu unfreiwilliger Komik aufschaukelte, als etwa Alice Weidel von der AfD im Bierzelt sinngemäß donnerte, sie lasse sich das Schnitzel nicht von selbsternannten Weltverbesseren verbieten.

Auch die Kommentare der Journalist:innen aus dem off waren in einigen Fällen entlarvend unkritisch - Populismus und dessen Verharmlosung ist kein Markenzeichen allein des rechten und linken Spektrums, sondern bis weit in den Mainstream hinein beobachtbar, auch bei den sogenannten Leitmedien.

Als obligatorische Schreibaufgabe stand dann noch für die Jugendlichen eine kurze subjektive Zusammenfassung der Wirkung von Mimik und Gestik in den vorgestellten Videos an. Die Erwachsenen sollten eine kurze Wahlrede entwerfen. Das Ergebnis war von einer außerordentlichen Bandbreite der Empfindungen und Darstellungen geprägt. Der Schreibprozess in solchen Workshops ist wichtiger reflexiver Bestandteil, doch weniger für den Output fertiger Texte gedacht, sondern eher als Ideengeber und Konzept für eine weitere Ausarbeitung zuhause oder für ein vertiefendes Verständnis weiterer Lektüre zum Thema.

Bei allen Teilnehmenden waren das Interesse und die aktive Mitarbeit gewohnt groß - ein wieder einmal gelungenes Beispiel dafür, dass man durchaus auch zu nicht ganz unkomplizierten Themenstellungen gute und zielführende soziokulturelle Konzepte ausprobieren sollte. 

Marcus Neuert

Reden und nichts sagen

Das ist eine sehr gute Frage - nur, die kann ich im Moment nicht gebrauchen. Schon gar nicht eine breite öffentliche Diskussion darüber, zumal der Entwurf noch ziemlich unausgegoren ist. Das ist alles noch nicht in trockenen Tüchern.

Ich schneide das Thema kurz an und rede dann von Nebenschauplätzen. Das ist immer ein gutes Ablenkungsmanöver und hat sich zig mal bewährt. Wenn der Sender nur nicht diese durchtriebene Journalistin geschickt hätte! „Bla, bla, bla…“! Jetzt versucht sie mir ins Wort zu fallen. Ich rede ohne Punkt und Komma weiter und werde etwas lauter. Das wollen wir doch mal sehen! Ich lasse mir doch von der nicht die Butter vom Brot nehmen! Leider muss ich mal Luft holen und schon hat sie es geschafft: ich hätte ihre Frage nicht beantwortet! Ja Mädchen, genau das ist meine Absicht! Zu Adenauers Zeiten hätten die Zeitungsfritzen sich nicht erlaubt, uns Politikern so penetrant ins Wort zu fallen. Die Frau hat einfach keinen Respekt vor niemanden.

Jetzt noch mal von vorn! Bald ist ja die Sendezeit des Interviews zu Ende. Wieder ein paar Nebelkerzen werfen! „Laber Rhabarber“! Jetzt bleibt nur noch Zeit zum Verabschieden. Geschafft!

Das habe ich wieder gut hingekriegt: viel geredet - nichts gesagt! Zum Schluss muss ich selbst ein bisschen nachdenken: wie war noch gleich die Frage?


“Sprache ist niemals unschuldig”

25.08.2023

Im Workshop des öffentlich geförderten Projekts “DAS SALZ IN DER SUPPE - SPRECH-STUNDE DEUTSCH” wurden den Teilnehmer*innen Sprachbilder, wie “Das Boot ist voll, die Flüchtlingswelle rollt auf uns zu”, zu Ohren gebracht und gefragt, wie sie unser Denken und Handeln beeinflussen, ob sie Ängste suggerieren und welche Sprachbilder man den negativ besetzten entgegensetzen kann. 

Nach einer Begrüßung durch Peter Küstermann übernahm der Leiter des Workshops, der Philosoph und Theologe Volker Papke-Oldenburg, das Wort und bat die Teilnehmer*innen von ihren Fluchterfahrungen zu erzählen.

Die Teilnehmer*innen erzählten von ihren Fluchtrouten aus Damaskus, dem Weg durch die Türkei, zu Fuß, mit dem Auto und der Überfahrt auf dem Mittelmeer, in der Nacht, in vollem Boot und mit der Angst vor dem Kentern. Ältere berichteten von der Flucht der Eltern aus Ostpreußen, dem zugefrorenen Haff, den Pferdekutschen, dem gebrochenem Eis und dem teils geringen Willkommensein in der neuen Heimat.

Anschließend wurden zwei Videos mit unterschiedlichen Sprachbildern gezeigt. Während Donald Trump an der Grenze zu Mexiko stehend rief: "Das Boot ist voll. Wir haben es versucht, es geht nicht”, meinte der chinesische Künstler Ai Weiwei, “dass es nicht das Boot sei, das voll ist, sondern dass unsere Herzen dem nicht gewachsen seien”.

Sprachbilder aus der Politik wurden aufgezeigt, wie “Es kommt ein Flüchtlingsstrom auf uns zu”, “Wir in Deutschland können doch nicht alle aufnehmen”, Flüchtlinge kommen nur, um vom deutschen Sozialstaat zu profitieren und kriegen mehr als Deutsche” oder einzelne Begriffe, wie: einströmen, überfluten, Flüchtlingslawine, Flüchtlingswalze. Den in diesen Sprachbildern liegenden Behauptungen wurden dann Zahlen und Fakten entgegengesetzt, um das politisch motivierte Sprachbild zu entblößen.

Nach der Pause waren die Teilnehmer*innen aufgefordert, die positive Geschichte seit ihrer Ankunft aufzuschreiben. Sie berichteten dann von ihren Ängsten und Unsicherheiten mit der Ankunft in der neuen Heimat und dass sie durch Bildung, Arbeit und neue Freunde ihre Träume seit der  Ankunft teils schon erfüllt haben und sie weiter für ein besseres Leben tätig sein wollen.

In der Abschlussrunde bedankten sich die Teilnehmer*innen für die inhaltsreiche Auseinandersetzung mit den negativ besetzten Sprachbildern.

Carsten Stallbörger


“Wer wird denn gleich in die Luft gehen?”

26.05.2023

Die SPRECH-STUNDE DEUTSCH lud zu einem Kennenlernen von Sprachbildern in der Werbung ein und  zum Verstehen, mit welchen Maschen die Werbefachleute arbeiten, um die Produkte interessant zu machen. 

Nach einer Begrüßung durch Peter Küstermann lud der Leiter des Workshop, der Philosoph und Theologe Volker Papke-Oldenburg zu einer Reise durch die Welt der Fernseh-Werbespots von 1959 bis heute ein.

Die Werbespots der fünfziger und sechziger Jahre der Marke “HB” zeigten, dass die Zigarette die versprochene Lösung für das Problem des “Wer wird denn gleich an die Decke oder in die Luft gehen?” war, denn “gut gelaut geht alles besser!”. Während die “Camel”-Werbung der achtziger Jahre Genuss und Ruhe versprach für den Mann, der als Held im Dschungel Abenteuer meisterte und wieder zu sich kam - mit qualmender Zigarette. Die 70er und 80er sahen für die Frauen die Rolle der sauberen Hausfrau vor, wobei “ein offenes Ohr Wunder bewirken kann” und mit der Anwendung des richtigen Putzmittels, das WC nicht nur sauber, sondern kristallrein wird, was auch die Frauen strahlen ließ. Clementine schaffte es für glückliche und erleichterte Frauen mit “Ariel”, die Wäsche nicht nur weiß zu waschen, sondern es wurde “das weißeste Weiß ihres Lebens”. Die liebevolle Mutter, die in den 80er Jahren nur das beste für die Gesundheit ihrer Kinder wollte, gab diesen für strahlende Kinderaugen Kinder-Schokolade , denn die Packung enthielt eine Extra Portion Milch, das Beste aus ⅓ Liter Milch. Die moderne Werbung setzt mehr und mehr auf Musikuntermalung gemäß den Hörgewohnheiten der Zielgruppe, z.B. beim “Kinder-Riegel”, welcher nur zusammen einzigartig zum Verlieben ist, während die Profis vom FC Bayern München beim Fahren auf dem Schnee mit dem Audi e-tron nur Freude und Spaß haben.

Nach der Pause wurden die Filme und ihre Machart analysiert und anhand der Werbung eines Zoos mit “tierischem Programm”, der “bei jedem Wetter tierisch gut” ist und die glückliche Familie zum Lächeln bringt bei “bis zu 30 % ermäßigtem Eintritt”, die Fachbegriffe der Werbebranche erläutert. Die Begriffe “Eyecatcher”, “Slogan”, “Bildmarke”, “Wortmarke”, “Wort-Bild-Marke”, “Informierender Text”, “Appellativer Text” wurden definiert und dann durften die Teilnehmer*innen Bilder und Sätze aus der Werbung diesen Begriffen zuordnen.

In der Abschlussrunde brachten die Teilnehmer*innen ihr Interesse und ihre Freude an diesem informativen und unterhaltsamen Nachmittags zum Ausdruck.


“Die Wände haben Ohren”

24.03.2023

Das BÜZ lud zum Workshop “SPRECH-STUNDE DEUTSCH” über Redensarten und ihre Herkunft ein, einem Begegnungsafé für das Kennenlernen von Sprachbildern, Diskussionen darüber und Schreibphasen für die eigene Kreativität.

An diesem Nachmittag waren die Teilnehmer*innen eingeladen, das Memoryspiel “Die Wände haben Ohren” zu spielen und einen eigenen Text mit Sprachbildern zu schreiben.

Nach der Begrüßung der Teilnehmer*innen durch Peter Küstermann, präsentierte der Moderator und Leiter des Workshops, der Philosoph und Theologe Volker Papke-Oldenburg, ein dreiminütiges Youtube Video.

Ein Spielwarenhändler erläuterte das Memoryspiel “Die Wände haben Ohren”. Es enthält 72 Karten. 36 Karten enthalten Sprachbilder im Wortlaut und 36 Karten die identischen Sprachbilder als Bild. Ziel des Spiels sei es, das identische Sprachbild im Wortlaut und Bild zusammenzubringen.

Sodann formierten sich drei Gruppen, jeweils aus arabischstämmigen und deutschen Teilnehmer*innen. Das Spiel begann mit der Regel: Jeder solle zwei Karten aufdecken und erzählen, welches Sprachbild im Bild zu erkennen sei und welche Bedeutung das Sprachbild im Wort hätte.

Schnell wurde gegrübelt, erzählt, diskutiert und gemeinsam gelacht oder gemeinsam gegrübelt, beispielsweise über ein Bild, das einen Kutter in dunkler See mit toten Fischen zeigte und eine Person auf dem Kutter, die angelte. Bis jemand das erlösende “im Trüben fischen” aussprach.

So lernten die Teilnehmer*innen rund zwei Dutzend Sprachbilder der deutschen Sprache kennen, wie: “Etwas aus dem Ärmel schütteln”; “Sich mit fremden Federn schmücken”; “Aufpassen wie ein Schießhund”; “Unter dem Pantoffel stehen”; “Jemandem einen Bären aufbinden”.

Den arabischstämmigen Teilnehmer*innen wurde ihre Bedeutung erläutert  und diese erzählten den deutschen Teilnehmer*innen vom Sprachbild der arabischen Sprache mit der gleichen Bedeutung. So lernten alle gemeinsam.

Nach einer kurzen Pause begann die Schreibphase. Die Teilnehmer*innen gingen spielerisch und kreativ mit den Sprachbildern um und schufen Texte aus Sprachbildern, z.B. mit  “Der Wolf im Schafspelz” oder “Eulen nach Athen tragen” oder schrieben eine Geschichte mit der Fragestellung, welches Sprachbild dahinter steckte.

In der Abschlussrunde zeigten sich die alle Teilnehmer*innen inspiriert von der Vielfalt der Bildhaftigkeit der Redewendungen an einem lehrreichen Nachmittag mit ganz viel Spaß.

Carsten Stallbörger

Die Wände haben Ohren ...

von Gitte Michusch

Er wollte immer ein toller Hecht sein. Goldkette, Sonnenbrille - das waren die Zutaten um cool auszusehen! Im Grunde war es mehr Schein als Sein. Zunächst war er sehr angesehen. Doch als sein Chef ihn immer mehr zur Schnecke machte, trug er den Kopf unter dem Arm. Nur noch zu Hause trumpfte er auf. Dann begann er heimlich zu trinken. Seine Frau konnte er einen Bären aufbinden, zumal sie anfangs Tomaten auf den Augen hatte. Sie liebte ihn halt noch immer. Er saugte sich neue Entschuldigungen aus den Fingern, wenn die alten nichts mehr taugten. Doch irgendwann hatte er das ganze Geld versoffen und sie waren arm wie die Kirchenmäuse. Nach einer mal wieder durchzechten Nacht, kam er früh morgens wie gerädert nach Hause. Doch etwas war anders. Das merkte er gleich, trotzdem er so einen Kater hatte. Eine unheimliche Stille herrschte in der Wohnung - - - - sie war leer!

Die Wände haben Ohren …

psst! Leise! Einst, vor langer Zeit gab es Wände die Ohren hatten. Rede ruhig laut, dann hört der Lauscher an der Wand seine eigene Schand!

Es gab eine Zeit, da gab es Wanzen. Sie steckten lichtscheu in Ritzen und unter Schränken. Die Briefe aus dem Osten nach dem Westen, waren nachlässig zugeklebt. Viel Mühe zu vertuschen, hat sich die Stasi nicht gemacht. Dazu war man zu selbstsicher und rücksichtslos.

Es gibt eine Zeit, die heißt: 0101 11 0100 und wwweh! Twitter, TicToc, WatsApp. Verbindungen werden geknüpft, die nicht verbunden werden dürften. Und das ergibt: Dich, Du, ich, wir.

Was liest Du? Was kaufst Du? Wer bist Du? FBI - CIA - BND - sie wissen wen Du wählst und was Du wählst.

Die Gedanken sind frei! Wer kann Sie erraten?

Es kommt eine Zeit, die heißt KI! Auf Linie, auf Linie! Wen glaubt man, wenn sie Dich wegsperren wollen, weil Du mutmaßlich ein Verbrechen begehen könntest, Mensch oder Maschine? Wo versteckst Du Dich, wenn Sie Dich holen kommen? Unter Schränken, in Ritzen, hinter Wänden?


„Die Zunge ist die Übersetzerin des Herzens“

moderiert von Volker Papke-Oldenburg und Peter Küstermann

Schreibworkshop mit den Kulturscouts Minden im BÜZ am 17.02.2023

Aus der Tatsache, dass bei den Schreibworkshops im BÜZ regelmäßig auch arabischsprachige  Geflüchtete teilnehmen, entstand die Idee, für die von dem ehemaligen Philosophie- und Religionslehrer Volker Papke-Oldenburg geleitete Reihe „Sprechstunde Deutsch“ auch einmal Sprichwörter und Metaphern der arabischen Sprache zu untersuchen. Die Mindener Kulturscouts hatten hierzu ein paar besonders knifflige Wendungen vorzustellen und zu kommentieren – das schlichte Übersetzen reicht nämlich, wie sich schnell zeigte, in den seltensten Fällen aus, dem deutschsprachigen Teilnehmerkreis die eigentliche Bedeutung der jeweiligen Sentenz zu vermitteln. Doch auch den Deutschsprachigen wird ja nicht immer auf Anhieb klar, was mit einem vielleicht nicht mehr sehr gebräuchlichen Sprichwort der eigenen Muttersprache denn nun so ganz genau gemeint ist.

Als kleinen Einstieg in die allgemeine Thematik zeigte Volker Papke-Oldenburg einen sehr erheiternden Videoclip, in welchem die spezifische Sprache der „Textgattung Fußballkommentar“ auf die Schippe genommen wurde, in dem gängige Formulierungen wörtlich filmisch umgesetzt wurden. „Sich das runde Leder schnappen“ wurde nicht etwa durch einen Ball, sondern durch ein kreisförmig geschnittenes Fensterleder, welches einer der Spieler aufnahm, illustriert, „Der Torwart dirigiert die Mauer, bis sie richtig steht“ durch einen Keeper mit Taktstock, der drei ein ordentlich schweres Stück Steinmauer tragende Abwehrspieler zu Walzerklängen in die angemessene Position lotste: Slapstick, welcher durch die rasche Abfolge der einzelnen sprachlichen Missverständlichkeiten beim Publikum sehr gut ankam.

Bevor nun die etwa fünfzehn anwesenden Workshopabsolventen jedoch an die speziellen Finessen der arabischen Metaphorik herangeführt wurden, gab es zunächst noch einen Rückblick auf den vergangenen, ersten Termin der neuen Reihe, in dem etliche Texte unter Verwendung gängiger deutschsprachiger Sprichwörter entstanden waren, die teilweise vorgelesen wurden. Co-Moderator und BÜZ-Mitarbeiter Peter Küstermann machte jeweils auf die verwendeten literarischen Mittel und Strukturen aufmerksam.                

So reihte etwa eine der Teilnehmerinnen etliche Nebensätze mit sprachlichen Wendungen zum Thema „Herz“ durch die immer wiederkehrende Anfangsformel „Ich wünsche Dir von Herzen“ aneinander und durchbrach damit auf elegante Weise die Ich-Perspektive der meisten anderen Texte. Schon hier fiel auf, dass einige Sprachbilder weiter weg von der Realität sind als andere. Bei jemandem, den man „an sein Herz drückt“, stimmt ja zumindest die Körperregion einigermaßen, auch wenn noch Haut und Brustkorb dazwischen sind, und in manchen Situationen kann man auch „das Herz bis zum Hals schlagen“ fühlen, wohingegen „jemandem sein Herz zu schenken“ im wahren Leben unweigerlich zum Tode des oder der Schenkenden führen muss.

An diese Überlegungen schloss sich das eigentliche Thema des Workshops spiegelverkehrt nahtlos an. „Die Zunge ist die Übersetzerin des Herzens“ – dieses arabische Sprichwort macht weder beim wörtlichen Übersetzen noch bei der Bedeutungsfindung größere Schwierigkeiten. Bei vielen anderen Wendungen wird es allerdings problematischer, wie die anschließende Beispielsuche der Teilnehmenden belegte. Manchmal führen Übersetzungen auf eine falsche Fährte: „Ich setze meinen Fuß auf dein Grab“ hielten nicht wenige deutschsprachige Anwesende für eine äußerst unhöfliche, übergriffige Angelegenheit. Im Arabischen bedeutet diese Formulierung jedoch im Gegenteil, dass man jemanden besonders liebt, sozusagen über das Leben hinaus, mit einer durchaus romantischen Konnotation.

Doch auch da, wo sich Sprichwörter im Deutschen und im Arabischen ähnlich zu sein scheinen, gibt es oft wichtige Akzentverschiebungen. „Ein Vogel in der Hand ist besser als zehn Vögel auf dem Baum“ gewichtet die Anzahl und damit den implizierten Wert auf ganz andere Weise als das deutsche „Ein Spatz in der Hand ist besser als eine Taube auf dem Dach“. Der deutschen Wendung „die Radieschen von unten betrachten“ entspricht ein inzwischen etwas veraltetes arabisches Sprichwort ähnlichen Zuschnittes, welches statt der Radieschen allerdings den Pilz benennt – ein Teilnehmer bemerkte, dass ihm dies aufgrund der rhizomatischen Beschaffenheit der Pilzwurzel und ihrer weit größeren Ausdehnung sogar plausibler erscheine. Im Übrigen wird das Deutsche flapsig-ironisch, das Arabische (wenn überhaupt noch) ganz und gar mit dem dem Thema Tod angemessenen Ernst eingesetzt.

Die im Einladungstext für diesen Workshoptermin genannte Übersetzung „In dieser Sache habe ich kein Kamel übrig“ sorgte für die größten Schwierigkeiten. Die befragten arabischen Jugendlichen waren nicht damit zufrieden, da im arabischen Original sowohl ein weibliches als auch ein männliches Kamel vorkommen. Schließlich rief eine der Scouts sogar ihren Vater an, der sich gut mit der Materie auskenne, wie sie versicherte -- und dann kristallisierte sich mit dessen Hilfe am Ende doch eine Lösung heraus: „Ich bekomme weder eine Kamelkuh noch einen Kamelbullen dafür“, was in etwa bedeutet, dass der Sprecher in einer Sache kein gutes Geschäft, keinen guten Ratschlag etc. erkennen kann. Das Kamel steht traditionell für eine sehr teure Angelegenheit, die explizite Nennung beider Geschlechter verstärkt im Arabischen diese Bedeutung offenbar noch.

Was bei diesem Workshop am besten ankam, war insbesondere bei den deutschen Teilnehmenden die Erkenntnis, dass das Fremdsprachliche auf eigentümliche Weise die eigene Sprache reflektiert und zum Nachdenken darüber einlädt. Ein Hunger nach mehr beidseitigen Erklärungen blieb bei einigen gleichwohl – irgendwo macht die Sprachbarriere dann eben in einem solchen Format ohne hauptberufliche Dolmetscher mit entsprechender Erfahrung einfach dicht. Dennoch war es für alle ein erfrischendes Experiment, das sicher Folgen zeitigen wird.

Da die munteren und kontroversen Diskussionen mit einigem Übersetzungsaufwand doch recht viel Zeit in Anspruch nahmen, wurde der Schreibteil schließlich als freiwillige „Hausaufgabe“ für den nächsten Termin definiert, welcher am 24.03.2023 um 14.30 Uhr stattfindet. Es sollen analog zum  Thema in der jeweiligen Muttersprache Texte unter Verwendung arabischer Sprichwörter geschrieben werden. Dennoch können natürlich wie stets auch alle, die diesmal nicht dabei sein konnten, an den Folgeterminen teilnehmen. Texte zu den Workshops sollen gern jeweils an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! gesandt werden.

Marcus Neuert

Arabische Sprichwörter: die Erlaubnis geben, deinen Fuß auf mein Grab zu setzen

Trauspruch für Brautleute:

Geliebte/r.

Nimm diesen Kelch mit Wein im Vertrauen darauf,

dass du von seinem wertvollen Inhalt kosten wirst und ihn nicht leerst, um einzig deinen Durst zu löschen.

Nimm diesen Ring für meinen Finger in der Hoffnung,

dass du ihn nicht zum Glied einer Kette machen wirst, die du brauchst, um mich für immer an dich zu binden.

Nimm meine Hand in der liebevollen Annahme,

dass du sie in unserem gemeinsamen Leben gleichwohl führen als auch dich ihrer Führung anvertrauen mögest.

Geliebte/r, in großer Liebe und tiefem Vertrauen öffne ich meine Seele für deine Seele und gebe dir die Erlaubnis,  eines fernen Tages deinen Fuß auf mein Grab zu setzen in dem festen Glauben daran,  dass deine Seele durch den Tod nicht von der meinen geschieden werden wird, sondern dass du mit mir über das Grab hinaus verbunden bleiben wirst.

MB, Feb. 2023


Der Auftakt

13.01.2023

Heute traf sich eine gut gemischt Gruppe von jungen und älteren Menschen, deutsche und Menschen aus verschiedensten anderen Kulturkreisen im BÜZ um gemeinsam an Sprachmetaphern zu arbeiten. Ziel der Reihe ist es, am Ende eine kleine Broschüre zu erstellen mit Texten und Sprachmetaphern aus verschiedensten Ländern.

Das Salz in der Suppe, die Suppe auslöffeln, um diese Metaphern hautnah zu erleben, brachten alle Teilnehmer Gemüse mit, schnibbelten eifrig für eine Suppe und lernten dabei acht verschiedene Salze kennen, um die Suppe aufzufrischen . Die Salze kamen aus Dänemark (Rauchsalz), Namibia (Schneeflockensalz)Pakistan (kubisches Salz)Kalahari (Wüstensalz)... Natürlich gab es auch das deutsche Steinsalz und Salz mit Kurkuma gemischt. Die Bedeutung des Salzes und seine Verwendung früher und heute, in Deutschland und in anderen Ländern wurde gemeinsam reflektiert. Die verschiedenen Formen einer Metapher wurden mündlich und mit einem kurzen Video erläutert. Metapher bedeutet bildliche Übertragung und kommt aus dem Griechischen. Es werden innere und äußere Merkmale übertragen, wie beim Beispiel Tischbein, wo der Tisch eben Stützen wie Beine hat. Metaphern können aus einem Wort bestehen, (Eselsohr), mehrere Wörter (Salz in der Suppe), es können Substantive sein oder Substantive gekoppelt mit Adjektiven (gebrochenes Herz) oder mit Verben verbunden werden (die Suppe auslöffeln).

Zum praktischen Ausprobieren unserer Kenntnisse erhielten wir dann ein Arbeitsblatt mit Redewendungen zum Thema Herz.

Zum Abschluss versammelten sich alle an den Suppentöpfen und lobten die gute Suppe und das leckere Brot, das ein Teilnehmer frisch gebacken mitgebracht hatte, ein rundum gelungener Nachmittag fand so einen schönen Ausklang.

Beim nächsten Treffen am 17.2.sollen Sprachbilder aus dem arabischen Kulturkreis näher betrachtet werden, was sicher sehr spannend wird.

Gerne kann jeder einen Text zur Veröffentlichung über Metaphern schreiben.

Carsten Stallbörger

Redewendungen - Rede, wenn…

Werden wir das Buch mit Wut aufschlagen? Denn morgen ist heute schon Geschichte.

Im wahrsten Sinne des Wortes,

gaben sich viele Politiker die Türklinke in die Hand

und haben sich um Kopf und Kragen geredet.

Lügen wie gedruckt, kamen aus seinem Munde

und er wollte der Welt ein X für ein U vormachen.

Er hätte besser seine Klappe gehalten!

Durch unsere Vergangenheit ließe sich aus dem Nähkästchen plaudern.

Aus dem Stegreif lassen sich Parallelen finden.

Jetzt sind wir mit unserem Latein am Ende

und ein Land - nein, die ganze Welt sitzt in der Tinte!

Nicht immer ist reden Silber und schweigen Gold.

Doch wer wird das letzte Wort haben, der Westen oder Putin?