2022

Begegnungscafé

Ein Projekt der KulturScouts

Begegnungscafé

Für ukrainische und russische Jugendliche

Eine neue Veranstaltungsreihe wurde im BÜZ etabliert. Angesichts des Krieges in der Ukraine kommen immer mehr geflüchtete ukrainische Jugendliche nach Minden. Das BÜZ als ein Zentrum für Integration und kulturelle Bildung versteht sich als Anker, um Ankommen, Fuß fassen und nach vorne schauen aktiv zu begleiten. Aktive Begleitung bedeutet auch die Stadt Minden näher kennenzulernen.

Was eignet sich dabei besser als den Erlebnisstadtplan für Jugendliche anzuwenden, der von Kultur-Scouts entworfen worden war, die auch dieses Projekt selbständig leiten.


Förderer

Fonds Soziokultur

Ein Projekt der KulturScouts

Projektverantwortlicher: Mohamed Oumari

Buzzer Quiz im Museum

11.11.2022

Im Mindener Museum trafen sich geflüchtete ukrainische Jugendliche mit russischen Jugendlichen und jungen Syrer*innen. Begüßt von der Mitarbeiterin des Museums Kristin Saretzki wurden die Teilnehmer*innen von ihr auf eine Kul-Tour durch bestimmte Ausstellungsstücke des Museums geführt mit dem Ziel, die Geschichte der Stadt Minden kennenzulernen und das erworbene Wissen in einem abschließenden Buzzer Quiz zu nutzen und die Fragen richtig zu beantworten.

Die Führung begann mit der Präsentation eines Holzmodells der Stadt Minden als Festungsstadt des Jahres 1873. Frau Saretzki beantwortete die teils aus dem russichen, ukrainischen oder syrischen übersetzten Fragen der Teilnehmer*innen und erläuterte die Besonderheiten der damaligen Stadtstruktur wie die komplette Stadtmauer, den Wassergraben, das Wesertor, die Forts A, B, C zum Schutz des Mindener Bahnhofs, die Fischerstadt und die mehr als 1200 jährige Geschichte des Mindener Doms.

Als nächstes folgte die Geschichte eines rund 400 Jahre alten Kellers, in dem eine Mindener Familie Bier braute, lagerte und dadurch zu Wohlstand kam. Die Teilnehmer*innen erfuhren, dass Minden einmal eine richtige Bierbrauerstadt war.

Beeindruckt waren sie von den hohen Beischlagwangen des Hauses Bäckerstraße 9. Beischläge waren erhöhte Sitzplätze an den Giebelwänden von Bürgerhäusern. Den Abschluss der Sitze zur Straße bildeten Beischlagwangen. Die beiden im Jahr 1530 gefertigten Exponate  thematisierten die Auferstehung Jesu und den Sündenfall.

Im steinernen Mindener Stadtwappen erkannten die Teilnehmer*innen zwei gekreuzte Schlüssel, die die Domschlüssel darstellen und den zweiköpfigen kaiserlichen Reichsadler.

Im Erkerkabinett stellte Frau Saretzki sechs weibliche Figuren vor, die die Tugenden Geduld, Nächstenliebe, Glaube, Hoffnung, Tapferkeit und Mäßigkeit darstellen.

Den Abschluss der Führung bildete der im Jahr 2008 gefundene Goldschatz. Dieser enthält dutzende rund 800 Jahre alte Goldgulden aus dem gesamten Mitteleuropäischen Raum und ist ein wertvolles Dokument für die weitverzweigte Handelstätigkeit der damaligen Zeit.

Nach dieser lehrreichen Führung kam es zum abschließenden Showdown: dem Buzzer Quiz mit den russischen und ukrainischen Jugendlichen auf der einen Seite und dem grünen Buzzer sowie den jungen  Syrern mit dem roten Buzzer auf der anderen Seite. Die von Peter Küstermann vorgelesenen, auf die vorherige Führung abgestellten Fragen wurden ins Russische bzw. Ukrainische sowie ins Syrische übersetzt. In einem temperamentvollen aber immer respektvollen Zweikampf buzzerten und antworteten die Jugendlichen auf die Fragen, teils turbulent, aber immer mit einem Lachen im Gesicht.

Mit der Antwort auf die letzte Frage und einem großen Dankeschön für die kompetente Führung von Kristin Saretzki endete die lehrreiche und spielerische Kul-Tour durch die Geschichte der Stadt Minden und die jungen Teilnehmer*innen gingen gemeinsam zurück in das BÜZ.

Carsten Stallberger

Fotos: Detlef Müller


Jetzt schnitz ich mein Portrait

10.10.2022

Bei diesem Workshop handelte es sich um die Fortsetzung der Abarbeitung wichtiger Treffpunkte auf dem Stadtplan, welcher von den Kultur-Scouts konzipiert und erarbeitet worden war. Im BÜZ waren Tische vorbereitet, um einen Stempelworkshop mit Angela Netmail für geflüchtete Ukrainer und Ukrainerinnen zur Erstellung eines eigenen Stempels zu machen. Die Teilnahme war überwältigend. Die Tische reichten nicht aus. Folglich musste improvisiert werden, Tische und viele Stühle mussten hinzugestellt werden. Im Vorfeld hatten die Jugendlichen seitliche Porträtfotos eingereicht, die im Schwarzweiß-Format ausgedruckt waren. Bei den vielen Neuankömmlingen mussten noch Fotos gemacht und im BÜZ-Büro ausgedruckt werden. Dank der tatkräftigen Hilfe von Mohamad Oumari gelang dieses reibungslos. Eine perfekte Organisation. Perfekt auch die Übersetzungen auf russisch von Kamila und Radima.

Folgende Materialien wurden für die Stempelerstellung bereitgestellt:

  • Radiergummi, in welches das Portrait eingeritzt wurde
  • Transparentpapier
  • Bleistift und Kugelschreiber
  • Cuttermesser

In einem Eingangsfilm wurden die einzelnen Schritte gezeigt.

Nun ging es an die Arbeit. Das Transparentpapier wurde auf das eigene Schwarzweiß-Porträt gelegt, um anschließend die Konturen des eigenen Porträts mit dem Bleistift abzuzeichnen oder Teile des Haares auszufüllen. Dabei wurden von Angela auch die unterschiedlichen Grafitgehalte der Bleistifte erläutert. Danach wurde das Pauschpapier mit den Konturen auf das Radiergummi-Element gelegt und angedrückt, so dass sich die Grafitkonturen auf dem Radiergummi abbilden konnten. Hier kam nun der Kugelschreiber ins Spiel. Da Grafit dazu neigt, sich schnell zu verwischen, wurden die Gesichtskonturen mit dem Kugelschreiber nachgezeichnet. Nun musste mit dem Cuttermesser geritzt wurden, um die Vertiefungen zu erzielen, die später die Tusche aufnehmen sollten.

Die Messer waren scharf und schon gab es die erste Verletzung, die medizinisch mit dem Erste-Hilfe-Set versorgt werden musste.

Der kreative Vorgang machte den Jugendlichen sehr viel Spaß, es wurde viel gelacht. Das war wichtig, geht es doch auch darum, Traumata des Krieges und der Flucht für einen Augenblick zu vergessen.

Stellwände mit einzelnen Porträts von Anwesenden waren aufgebaut. Daneben konnte ein Stempelabdruck gesetzt werden. Die Ergebnisse konnten sich sehen lassen.

Nicht zu vergessen: Stadtpläne wurden auch noch verteilt. Hier konnte ein Stempeldruck mit dem eigenen Porträt eingefügt werden. Auf der ersten Seite befand sich bereits ein Porträt mit einem Kasper. 

Christine Barkhausen, die neue Leiterin des BÜZ, schaute auch noch vorbei, um mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Sie war beeindruckt von den Ergebnissen und erhielt einen guten Eindruck von der kulturellen Bildung im BÜZ.

Mit einer Feedback-Runde und einem Gruppenfoto wurde dieser wunderschöne Nachmittag beendet.

Volker Papke-Oldenburg

Fotos: Detlef Müller


Mein Vater ist im Krieg

25.09.2022

Unser vielsprachiges Erzählcafé bot Gelegenheit zum lebendigen Austausch in geselliger und zwangloser Atmosphäre. Inmitten der Ausstellung MIR – Mup (dasselbe Wort bedeutet FRIEDEN auf ukrainisch und auf russisch) war Raum für unterschiedliche Erfahrungen und viel Platz für die Gefühle der Teilnehmer*innen.

Ukrainische Geflüchtete berichteten, wie es sich anfühlt, hier in Sicherheit zu leben, während ihr Vater die Heimat an der Front verteidigt. Russische Jugendliche ergänzten, wie sehr ihre Familien leiden. Junge Syrer*innen brachten den Vergleich ein mit ihrer eigenen Fluchtgeschichte vor 6 Jahren. Und wir Einheimischen stellten uns der Frage: was haben wir gelernt in dieser Zeit?

Die Moderation übernahmen Radima und Kamila Dalduewa von den KulturScouts.


Besuch der Mindener Schiffmühle

08.07.2022

Eine neue Veranstaltungsreihe wurde im BÜZ etabliert. Angesichts des Krieges in der Ukraine kommen immer mehr geflüchtete ukrainische Jugendliche nach Minden. Das BÜZ als ein Zentrum für Integration und kulturelle Bildung versteht sich als Anker, um Ankommen, Fuß fassen und nach vorne schauen aktiv zu begleiten. Aktive Begleitung bedeutet auch die Stadt Minden näher kennenzulernen. Was eignet sich dabei besser als den Erlebnisstadtplan für Jugendliche anzuwenden, der von Kultur-Scouts entworfen worden war.

Ziel des heutigen Nachmittags war die Mindener Schiffmühle. Zunächst aber trafen sich die ukrainischen Jugendlichen, begleitet von einigen syrischen Kultur-Scouts, im Kulturzentrum BÜZ, um eine kleine Orientierungsphase zu durchlaufen. Für das Dolmetschen waren neben Peter Küstermann die beiden Tschetscheninnen Radima und Camilla vorgesehen. Somit konnte nichts mehr schiefgehen. Vorgestellt wurden auch der Fotograf und der Berichterstatter, mit dem Verweis auf die digitale Dokumentation.

In einer ersten Kennenlernrunde berichteten die Jugendlichen über ihre Herkunft: Donezk und Cherson als bekannteste und umkämpfte Städte sollen hier stellvertretend genannt werden. Ferner erwähnten sie die Gastfreundschaft und die guten Erfahrungen, die sie in Minden gemacht haben. Nicht zu vergessen, dass Minden eine schöne Stadt sei.

Dann ging es zu Fuß los zur Schiffmühle zum Erwerb des Müller-Diploms. Hier wurde die Gruppe vom Schiffmüller Stephan sowie von Christiane empfangen. Der Schiffmüller vergas nicht Scherzes halber zu erwähnen, dass lediglich drei Rettungsringe zur Verfügung stünden. Somit sollte auch keiner die Idee haben, ins Wasser zu springen.

Nach einem Willkommenstrunk erläuterte der Schiffmüller zunächst den historischen Hintergrund von Schiffmühlen im Allgemeinen und der Mindener Schiffmühle, die als Rekonstruktion im Jahr 1998 am Weserufer erbaut worden war. Erste Schiffmühlen gab es im Römischen Reich, während 1326 die erste Mindener Schiffmühle gebaut wurde. Er läuterte das Prinzip und die Wirkungsweise von Wassermühlen, ohne zu vergessen, dass die Mindener Mühle bei niedrigem Wasserstand elektrisch betrieben werden könne. An diesem Besuchstag war das auch notwendig, da die Weser wenig Wasser führte. Die Besichtigung wurde fortgeführt, den Jugendlichen wurde die Funktionsweise des Mahlwerks anschaulich vorgeführt, indem die Wassermühle elektrisch angeworfen wurde. Roggenkorn wurde gemahlen. Das verbliebene Schrot konnte in Jutesäcken von den Jugendlichen mitgenommen werden.

Letztendlich ging es den Erwerb des Müller-Diploms mit Fragen zur allgemeinen Geschichte der Schiffmühlen, zur Mindener Schiffmühle, zu den Aufgaben eines Schiffmüllers oder zur Gewässerkunde. Die Fragen waren nicht einfach zu beantworten, handelte es sich um gerade Angekommene, die der deutschen Sprache kaum oder gar nicht mächtig waren. So war es legitim, dass etwas geschummelt wurde. Radima und Camilla hatten von Peter Küstermann recherchierte und übersetzte Antworten zur Verfügung. Es ging hier vordergründig schließlich um das gemeinsame Erlebnis und um das Zusammenkommen.

Somit erhielten selbstverständlich alle eine Urkunde mit dem Müller-Diplom sowie eine Münze mit der Schiffmühle auf der einen Seite und einer weiteren Mühle aus dem Mühlenkreis auf der anderen Seite.

Abschließend wurden noch Fotos beim Verlassen der Mühle auf dem Steg gemacht.

Ein weiterer Schritt zur Integration wurde an diesem Tag vollzogen.

Volker Papke-Oldenburg